Solltest du Kreatin in einer Diät nehmen?
May 08, 2025
Kreatin ist eines der effektivsten Supplements für alle, die Muskeln und Kraft aufbauen möchten.
Eine Kreatin-Einnahme über mehrere Wochen führt oft zu einer Gewichtszunahme, da der Körper mehr Wasser speichert.
Wer eine Diät macht, möchte jedoch Gewicht verlieren. Macht also die Einnahme von Kreatin während einer Diät Sinn?
Diese Frage stellen sich nicht nur Bodybuilder. Auch wenn du nicht auf die Bühne möchtest, ist dein Ziel vielleicht, einige Kilos abzubauen und fitter zu werden.
Ist Kreatin in der Diät also sinnvoll? Sollte man Kreatin in einer Diät weiterhin nehmen oder besser absetzen?
In diesem Artikel beantworten wir euch diese Frage. Wie immer haben wir auch wieder einiges an wissenschaftlicher Literatur zum Thema durchforstet, um eine umfassende Antwort zu geben.
1. Kreatin und Gewichtszunahme
2. Gewichtsverlust in einer Diät: Fett und Wasser
Key Facts:
- Durch die Einnahme von Kreatin kann eine Gewichtszunahme durch Wasserspeicherung in den Muskeln entstehen.
- Die in einer Diät verfolgte Gewichtsabnahme zielt darauf ab, Fett zu verlieren.
- Das zusätzliche Gewicht, dass man durch Kreatin gewinnt, ist in der Muskulatur gespeichertes Wasser, kein Fett.
- Dieses Wasser sitzt, entgegen dem Wasser das man durch Natrium oder Cortisol zieht, nicht im Unterhautgewebe. Damit entsteht auch kein aufgeschwemmtes oder weiches Aussehen.
- Die positiven Effekte, die man durch Kreatin erzielt - mehr Kraft/Energie, vollere Muskeln - nutzen in einer Diät. Die in einer Diät bestehende, negative Kalorienbilanz kann die für das Training verfügbare Energie reduzieren und damit gewonnene Muskulatur riskieren. Kreatin-Supplementierung kann helfen, weiterhin genug Energie für das Training an Gewichten bereit zu halten.
1. Kreatin und Gewichtszunahme
A. Wie Kreatin Wasser in der Muskulatur speichert
Kreatin wird nach der Einnahme über den Dünndarm ins Blut aufgenommen. Von dort aus gelangt es über den Blutkreislauf zu den Muskeln.
Der Transport von Kreatin in die Muskelzellen erfolgt über spezielle Kreatintransporter (sogenannte Creatine Transporter oder CRT). Diese Transporter sitzen in der Zellmembran der Muskelzellen und schleusen Kreatin mithilfe von Natrium-Ionen ins Zellinnere.
Innerhalb der Muskelzelle wird Kreatin dann zu einem großen Teil in Form von Kreatinphosphat gespeichert.
Bei intensiven Belastungen kann Kreatinphosphat helfen, ATP (Adenosintriphosphat) zu regenerieren. ATP ist die direkte Energiequelle der Muskelkontraktion.[1]
Wie führt nun dieser Prozess zu Wasserspeicherung?
Wasserspeicherung in der Muskulatur erfolgt intrazellulär, also innerhalb der Muskelzellen (Achtung, jetzt wird es etwas technisch):
Das in den Muskelzellen gespeicherte Kreatinphosphat ist eine osmotisch aktive Substanz. Das bedeutet, sie erhöht die Anzahl der gelösten Teilchen (Osmolarität) im Zellinneren.
Um ein osmotisches Gleichgewicht zwischen Zellinnerem und dem Raum zwischen Zellen herzustellen, „zieht“ die Zelle Wasser nach innen – sprich, Osmose findet statt.
Das Ergebnis: Die Muskelzellen speichern mehr Wasser innerhalb der Zelle, das Zellvolumen vergrößert sich.[2] [3]
B. Wasserspeicherung und Gewichtszunahme
Die intrazelluläre Wassereinlagerung hat direkten Einfluss auf das Körpergewicht.
Da Wasser ein Eigengewicht hat, bedeutet mehr Wasserspeicherung auch mehr Körpergewicht:
- 1 Liter Wasser wiegt ca. 1 kg.
- Bei einer Kreatin-Supplementierung werden je nach Körpergewicht und Dosierung bis zu 2000 ml zusätzliches Wasser in der Muskulatur gespeichert.
- Diese Wassermenge wird gezielt in den Muskeln eingelagert.
- Der Effekt: Muskeln erscheinen voller und voluminöser.
Die Gewichtszunahme durch Wasser bedeutet also:
Die Waage zeigt mehr an, aber es handelt sich um funktionelles Wasser, das eng an die Muskelzellen gebunden ist.[4]
Bei regelmäßiger Einnahme von Kreatin werden die Kreatinspeicher in den Muskeln sukzessive aufgefüllt, bis sie gesättigt sind.
Ab diesem Punkt bleibt der Kreatingehalt stabil, solange die Zufuhr an Kreatin aufrechterhalten wird. Dann endet auch die weitere Gewichtszunahme durch Wassereinlagerung.
C. „Wasserziehen“ durch Natrium und Cortisol
Um zu verdeutlichen, dass das eingelagerte Wasser durch die Kreatin-Einnahme keinen unerwünschten Effekt bedeutet, stellen wir ein Beispiel unerwünschter Wassereinlagerung entgegen:
Das Wasserziehen durch Salzaufnahme (Natrium) und Stress (Cortisol).
Bei der Regulierung des Wasserhaushalts spielen Natrium und Cortisol eine wichtige Rolle. Ein zu viel davon kann negative Auswirkung sowohl auf das Körpergewicht, als auch insbesondere den Look haben.
Wenn Bodybuilder von einem „soften“ oder „weichen“ Look sprechen, beziehen sie sich auf die Wasserspeicherung im Unterhautgewebe. Für diese Form der Wasserspeicherung sind Natrium und Cortisol wesentlich.
Wasserspeicherung durch Natrium
Natrium ist ein sogenanntes osmotisch aktives Ion: Es zieht Wasser aufgrund der Osmose an. Wenn der Natriumspiegel im Blut steigt, folgt Wasser.
Wenn du sehr salzreich isst, steigt die Natriumkonzentration in den Zellzwischenräumen. Der Körper hält Wasser zurück, um das Verhältnis von gelösten Stoffen zu Wasser konstant zu halten. Dadurch entstehen Wassereinlagerungen.[5]
Ist der Effekt sehr stark, entsteht der „aufgeschwemmte“, weiche Look.
Wasserspeicherung durch Cortisol
Cortisol ist ein Stresshormon der Nebennierenrinde und beeinflusst ebenfalls den Wasserhaushalt.
Cortisol aktiviert in hohen Mengen salzregulierende Hormon-Rezeptoren.
Das führt dazu, dass in der Niere Natrium zurückgehalten und Kalium ausgeschieden wird.
Und entsprechend gilt auch hier: Wasser folgt dem Natrium und vermehrte Wassereinlagerung ist die Folge.[6]
Bei einem normalen Cortisolspiegel wird diese Wirkung des Cortisols durch den Körper reguliert. Jedoch, bei einem sehr hohen Cortisolspiegel kann der Körper dies nicht mehr bewerkstelligen.
Es kommt zu Wassereinlagerungen im Unterhautgewebe. Der typische, aufgedunsene Look eines gestressten, rotgesichtigen Managers.
Ein starker Gegensatz also zur Wasserspeicherung durch Kreatin.
Bei Kreatin: Wasserspeicherung in den Muskeln, nicht im Unterhautgewebe, kein Aufschwemmen.
Bei Natrium bzw. Cortisol: Wasserspeicherung im Unterhautgewebe, Aufschwemmen oder weicher Look.
2. Gewichtsverlust in einer Diät: Fett und Wasser
Eine Diät, wie wir sie verstehen, bedeutet eine negative Kalorienbilanz. Sprich, es werden mehr Kalorien verbrannt, als zugeführt werden.
Entweder durch erhöhten Verbrauch oder durch verringerte Zufuhr an Kalorien.
Das Ziel einer Diät ist also, durch intensivere Trainingsbelastung und/oder reduzierte Nahrungsaufnahme eine negative Kalorienbilanz aufzubauen.
A. Die Reaktion des Körpers auf eine negative Kalorienbilanz
Um ein Kaloriendefizit auszugleichen, mobilisiert der Körper gespeicherte Energiereserven, vor allem Fettgewebe, aber auch Glykogen und in geringerem Maße Muskelprotein.
Setzt das Kaloriendefizit ein, sinkt zunächst der Insulinspiegel, was den Fettabbau anregt:
Hormonsensitive Lipasen spalten Triglyceride in freie Fettsäuren und Glycerin, die als Energiequelle genutzt werden.
Gleichzeitig werden Glykogenspeicher in Leber und Muskeln abgebaut, was mit einem Verlust von gebundenem Wasser einhergeht und zu einem schnellen, initialen Gewichtsverlust führt.
Hormonelle Anpassungen, wie erhöhte Ausschüttung von Adrenalin und Glucagon fördern die Energiemobilisierung, während ein niedriger Insulinspiegel die Fettverbrennung begünstigt.
Dieser Prozess führt zu einer Reduktion von Körperfett, wobei die Geschwindigkeit des Fettabbaus von der Defizitgröße, der Ernährung und dem Aktivitätsniveau abhängt.[7]
Unterteilt man diesen Prozess in seine einzelnen Bestandteile, kann man folgende Effekte beobachten:
Hormonwirkungen
- Adrenalin und Noradrenalin: Diese Stresshormone werden bei einem Kaloriendefizit freigesetzt und aktivieren die Lipolyse (Fettabbau).
- Glucagon: Fördert die Fettmobilisierung, wenn der Blutzuckerspiegel sinkt.
- Insulin: Während einer Diät ist Insulin niedrig, was die Lipolyse erleichtert, da Insulin normalerweise den Fettabbau hemmt.
- Cortisol: Kann bei längerem Kaloriendefizit erhöht sein und Muskelabbau fördern. Auch kann der oben beschriebene Effekt der Wasserspeicherung einsetzen.
Fettabbau (Lipolyse)
Fett-Mobilisierung:
Fett ist in Fettzellen als Triglyceride gespeichert. Durch Aktivierung der hormonsensitiven Lipase (HSL) werden Triglyceride in Glycerin und freie Fettsäuren gespalten.
Fett-Transport:
Freie Fettsäuren gelangen ins Blut und werden zu den Geweben (vor allem Muskeln und Leber) transportiert, wo sie Energie liefern.
Oxidation:
In den Zellen werden Fettsäuren abgebaut, um ATP (Energie) zu erzeugen.
Endprodukte des Fettabbaus
Fettsäuren liefern ATP für Körperfunktionen.
Kohlendioxid und Wasser: Beim Abbau von Fett entstehen CO₂ (ausgeatmet) und Wasser (ausgeschieden oder im Stoffwechsel genutzt).
Einflussfaktoren auf Fettabbau
Kohlenhydratarme Diäten (z. B. ketogene Diät) fördern die Fettmobilisierung, da Insulin niedrig bleibt.
Krafttraining und Ausdauertraining erhöhen den Energieverbrauch und die Lipolyse.
Ausreichend Protein schützt Muskelmasse und fördert den Grundumsatz, was den Fettabbau unterstützt.
B. Wasserverlust während einer Diät
Der Wasserabbau während einer Diät ist oft ein kurzfristiges Phänomen, das durch Veränderungen im Kohlenhydratspeicher, Elektrolythaushalt und hormonelle Anpassungen verursacht wird.
Mechanismen des Wasserverlusts
Glykogenabbau:
Kohlenhydrate werden als Glykogen in Leber und Muskeln gespeichert.
1g Glykogen bindet ca. 3–4g Wasser. Bei einer kalorien- oder kohlenhydratarmen Diät werden Glykogenspeicher abgebaut, was zu einem Verlust von gebundenem Wasser führt.
Daher führen Low-Carb-Diäten in der Regel auch zu schnellerem Wasserabbau als Diäten mit moderater Kohlenhydratmenge.
Eine Beispielrechnung zum Wasserverlust: Der Abbau von 400g Glykogen kann 1,2–1,6kg Wasser freisetzen.[8]
Elektrolytverlust:
Bei einer Diät sinkt Insulin, was die Nieren anregt, mehr Natrium und Wasser auszuscheiden (diuretischer Effekt).
Dies führt zu einer verstärkten Urinausscheidung in den ersten Tagen/Wochen einer Diät.
Ketose - bei Low-Carb-Diäten
In der Ketose produziert der Körper Ketonkörper, die teilweise über den Urin ausgeschieden werden und Wasser mitnehmen.
Weiterhin ist die Menge an ausgeschiedenem Wasser auch abhängig vom Salzkonsum. Weniger Salz (Natrium) in der Diät verstärkt die Wasserausscheidung.
Ebenso sollte während einer Diät zusätzliche Cortisol-Auslöser (Stress, Übertraining, Schlafmangel) vermieden werden, da sonst das Risiko einer gesteigerten Wassereinlagerung durch Natriumretention besteht.
Während der Fettabbau ein längerer, nachhaltiger Effekt ist, findet Wasserverlust (z. B. 1–3 kg in der ersten Woche) während der Diät kurzfristig, besonders in der Anfangsphase, statt.[9] [10]
Zusammenfassend lässt sich also feststellen: Das eigentliche Ziel einer Diät, der Fettabbau, sollte nicht mit dem erzielten Gewichtsverlust gleichgesetzt werden, da mit diesem immer auch eine gewisse Menge Wasser verbunden ist.
3. Kreatin in der Diät
Wirkt nun die Wasserspeicherung durch Kreatin gegen das Ziel einer Diät, Fett zu verlieren?
Nein, im Gegenteil.
Zum einen ist, wie oben beschrieben, die durch Kreatin bedingte Gewichtszunahme Wasser, das in der Muskulatur gespeichert wird.
Zum anderen kämpfst du während der Diät auch gegen Muskelabbau. Denn ein Kaloriendefizit bedeutet weniger Energie für dein Training. Damit steigt die Gefahr, einen Teil deiner hart erarbeiteten Muskelmasse zu verlieren. Und hier unterstützt Kreatin.
Da Kreatin hilft, die ATP-Speicher schneller zu regenerieren, hilft es dir, trotz Kaloriendefizit ausreichend Energie für deine Muskulatur vorzuhalten und entsprechen zu trainieren.
Darüber hinaus sorgt Kreatin dafür, dass die Muskeln praller und voller wirken. Gerade in der späten Diätphase, wenn Glykogenspeicher leerer sind, kann dieser Effekt optisch enorm helfen.
Somit ist auch in einer Diätphase Kreatin ein Supplement, das du in Betracht ziehen solltest, wenn du optimale Ergebnisse erzielen möchtest.
[1] Siehe z.B. Adam M. Persky & Gayle A. Brazeau (2001): Clinical Pharmacology of the Dietary Supplement Creatine Monohydrate https://www.researchgate.net/publication/11980984_Clinical_Pharmacology_of_the_Dietary_Supplement_Creatine_Monohydrate
Rodney J. Snow & Robyn M. Murphy (2001): Creatine and the Creatine Transporter: A Review https://www.researchgate.net/publication/263376921_Creatine_and_the_creatine_transporter_A_review
[2] Kreider, R. B. et al. (2017): International Society of Sports Nutrition position stand: safety and efficacy of creatine supplementation in exercise, sport, and medicine. Journal of the International Society of Sports Nutrition https://jissn.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12970-017-0173-z
[3] Greenwood, M., Kreider, R. B., et al. (2003): Differences in creatine retention among three nutritional formulations of creatine supplements. Journal of Exercise Physiology Online https://www.researchgate.net/publication/215739620
[4] Branch, J. D. (2003): Effect of creatine supplementation on body composition and performance: a meta-analysis. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism https://journals.humankinetics.com/view/journals/ijsnem/13/2/article-p198.xml
[5] Endre Sulyok et al. (2022): Tissue Sodium Accumulation: Pathophysiology and Clinical Implications https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9031161/
[6] John Newell-Price et al. (2023): Glucocorticoids and Water Balance: Implications for Hyponatremia Management and Pituitary Surgery https://karger.com/nen/article/113/8/785/836621/Glucocorticoids-and-Water-Balance-Implications-for
[7] Hall, K. D. (2015): What is the required energy deficit per unit weight loss? International Journal of Obesity https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC2376744/pdf/nihms-47767.pdf
[8] Kreitzman, S. N., Coxon, A. Y., & Szaz, K. F. (1992): Glycogen storage: illusions of easy weight loss, excessive weight regain, and distortions in estimates of body composition. American Journal of Clinical Nutrition https://ajcn.nutrition.org/issue/S0002-9165(92)X5601-4
[9] Hall, K. D. (2015): What is the required energy deficit per unit weight loss? International Journal of Obesity https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC2376744/pdf/nihms-47767.pdf
[10] Yang, M. U., & Van Itallie, T. B. (1976): Composition of weight lost during short-term weight reduction. Journal of Clinical Investigation https://www.jci.org/articles/view/108519